Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Lehrveranstaltungen

Wintersemester 2024-25

Ringvorlesung Perspektiven der Literaturwissenschaft: Texte und Lektüren

Die Ringvorlesung gehört zu einem Modul, das sich an Studierende des 1.  Semesters im neuen Master „Literaturwissenschaft“ sowie an interessierte  Hörer*innen richtet. Vertreter*innen der literaturwissenschaftlichen  Fächer präsentieren am Beispiel bedeutender Texte unterschiedlicher  Epochen und Genres die methodisch und theoretisch vielfältigen  Möglichkeiten literaturwissenschaftlicher Analyse und Interpretation. In  jeder Sitzung wird jeweils ein bedeutendes Werk besprochen, welches als  Knotenpunkt internationaler literarischer Kommunikation betrachtet  wird, sei es im Sinne seiner Entstehung, seiner Rezeption oder seiner  Theoriegeschichte. Die zu besprechenden Texte sollten wegen ihrer  Relevanz über zeitliche und räumliche Grenzen hinweg gewirkt haben bzw.  immer noch wirken und für alle literatur-

wissenschaftlichen Fächer  von Interesse sein. Dies trifft insbesondere auf kanonische, ‚große‘  Werke der Weltliteratur zu, schließt aber auch weniger prominente Texte  nicht  aus, sofern sie intensiv rezipiert wurden bzw. werden. Historisch  soll ein weiter Bogen von der Odyssee bis zum beginnenden 21.  Jahrhundert geschlagen werden. Dass die Textauswahl der Vorlesung  lückenhaft und exemplarisch ausfallen muss, versteht sich von selbst,  ist jedoch unproblematisch, weil nicht Überblickswissen, sondern – gemäß  dem Programm des Masterstudiengangs – das ‚weltgenerierende‘ Potential  literarischer Texte in ihrer jeweiligen fachlichen Perspektivierung  vermittelt werden soll. Grundsätzliche Probleme der Kanon-Bildung und der Literaturgeschichtsschreibung werden einführend in der ersten  Vorlesung diskutiert.

Vorlesung Grundlagen der neueren deutschen Literaturwissenschaft

Die Vorlesung führt in das Studium der Literaturwissenschaft ein und  legt dabei besonderes Gewicht auf wichtige literaturwissenschaftliche  Begriffe. Denn Literaturwissenschaft besteht wesentlich aus bestimmten  Konzepten, die wir verstehen müssen, um uns im Fach bewegen zu können.  Zugleich kann man über die Begriffe auch verstehen, welche Fragen die  Literaturwissenschaft eigentlich an literarische Texte stellt – und  welche nicht. Die Begriffe werden an konkreten Textbeispielen eingeführt  und in ihrer jeweiligen Besonderheit, ihrem historischen Kontext, ihren  Zusammenhängen mit anderen Konzepten sowie ihren Leistungen und Grenzen  vorgestellt. Indem jeweils verschiedene Begriffe für ‚dasselbe‘  erläutert werden, schärfen wird das Bewusstsein, dass Literatur jeweils  verschieden beschrieben und modelliert werden kann: Es macht eben einen  Unterschied, ob man ein Buch als ‚Werk‘ oder als ‚Text‘ betrachtet, eine  Aufführung als ‚Drama‘ oder als ‚Theater‘. Ziel der Vorlesung ist  dabei, dass Sie in ihrem weiteren Studium mit diesen Begriffen umgehen  können. Während der Vorlesung legen wir ein Vokabular mit kurzen  Arbeitsdefinitionen diese Begriffe an, das dann auch zur Vorbereitung  der Abschlussklausur dient; es gibt in der Vorlesung ausgiebige  Gelegenheit zu Rückfragen.

Positionen und Arbeitsweisen der Literaturwissenschaft

Dieses Seminar dient als Einführung in die  literaturwissenschaftlichen Masterstudiengänge, kann aber auch von LA  Mastern und Fortgeschrittenen Masterstudierenden besucht werden, die ihr  Fach besser kennenlernen wollen. Sie sollen darin ihre  Lektürekompetenzen und Theoriekenntnis vertiefen und in die Lage  versetzt werden, selbständig zu forschen. Wir blicken auf das bereits  Gelernte zurück und prüfen durch gemeinsame Textarbeit unsere Lektüre-  und Interpretationspraxis. Wir beschäftigen uns mit den Geschichten der  jeweiligen Fächer und lesen Texte zum grundsätzlichen Selbstverständnis.  Wir üben das Schreiben, indem wir  miteinander schon geschriebene  Hausarbeiten diskutieren und uns über wichtige Probleme  wissenschaftlichen Schreibens (Zitateinbettung, Literaturverwendung,  Arbeitsökonomie etc.) austauschen. In Gruppen beschäftigen wir uns mit  Texten der Gegenwartsliteratur, zu denen wir Essays verfassen und an  denen wir gemeinsam mögliche Fragestellungen entwickeln und diskutieren.

Dieser Kurs ist Teil des Moduls Perspektiven der Literaturwissenschaft des neuen MA Literaturwissenschaft.

Kolonialismus und Postkolonialismus

Die europäische Kolonialisierung der Welt hat die Wirklichkeit und  damit auch die Literatur radikal verändert. Sie ist ein entscheidender  Impuls für die Globalisierung und hat zu interkulturellen Begegnungen,  aber  auch zu radikaler Ungleichzeit und zu aller Art von Projektionen  über andere ‚Rassen‘ und Kulturen geführt. Der Kolonialismus war im-  oder explizit zentral für das Selbstverständnis der europäischen Moderne  und hat in den Kolonien zu radikalem kulturellen und gesellschaftlichem  Wandel geführt. Und er wirkt auch nach seinem offiziellen Ende fort,  nicht zuletzt auch in der radikal verschiedenen Erinnerung und in der  post- und dekolonialen Kritik. All diese Entwicklungen haben auch  literarisch ihren Niederschlag gefunden: von der Reiseliteratur über den  Exotismus zur kritischen Auseinandersetzung mit Differenz und  Ungleichheit.
Das Seminar soll in die literarische Imagination des  Kolonialismus und  die postkoloniale Kritik der andauernden kolonialen  Kondition der Moderne einführen, der Schwerpunkt liegt dabei auf Afrika  und der deutschsprachigen Literatur. Wir lesen in dem Seminar klassische  Texte über den Kolonialismus, darunter Joseph Conrad: Heart of Darkness  (1899) und Uwe Timm: Morenga (1981) sowie einige Ausschnitte der  Kolonialliteratur um 1900. Wir beschäftigen uns mit der kritischen  postkolonialen Theorie (Franz Fanon und Achille Mmbeme), mit  verschiedenen postkolonialen Romanen aus Afrika (Achebe, Kourouma,  Thiongo, Ngangan) sowie einigen Versuchen aus der deutschsprachigen  Gegenwartsliteratur, sich mit dem Erbe des Kolonialismus  auseinanderzusetzen.

Zur Einführung lesen Sie Joseph Conrad: Heart  of Darkness/Herz der Finsternis (Ausgabe egal). Zur Vertiefung auch  Alexander Honold/Klaus Scherpe (Hg.): Mit Deutschland um die Welt  (2004). Sebastian Conrad: Deutsche Kolonialgeschichte (2016); Rebekka  Habermas: Skandal in Togo (2016).

Sommersemester 2024

Vorlesung: Mit der Bühne denken. Literatur und Theater

Theater ist nicht nur eines der wichtigsten  Medien von Literatur, sondern auch ein wichtiges Modell zum Verständnis  von Literatur, Gesellschaft und Leben, in dem wir alle unsere „Rolle  spielen“, manchmal selbst „Tragisches“ erleben und häufiger „Zuschauer“  anderer Schicksale sind. Die Vorlesung gibt entlang von fünf Stücken  --  Sophokles: Antigone, Shakespeare: Hamlet, Schiller: Wilhelm Tell, Brecht: Die  Heilige Johanna der Schlachthöfe, Beckett: Warten auf Godot – eine Einführung in die Geschichte des Theaters von der griechischen  Antike bis in die Gegenwart und erörtert die wichtigen Konzepte und  Kontroversen über Darstellung, Drama, Schauspieler, Bühne, Publikum,  Zeit und Raum, Illusion, Enttäuschung und Verfremdung, Performanz,  Postdramatik u.a. Die Nähe des Theaters zum Ritual und zum Mythos,  seine eminent politische Aufladung, sein Verhältnis zu anderen Künsten  und seine Ausweitung in Vorstellungen wie dem „Welttheater“ oder der  soziologischen Rollentheorie werden ebenso thematisiert wie die  Grundfragen der Analyse theatraler Texte. Zur Vorbereitung sei die  Lektüre der Stücke empfohlen (Sophokles, Shakespeare und Schiller bei   Reclam, Brecht bei Suhrkamp, Beckett auf StudIP. Ergänzend auch:  Manfred Brauneck: Europas Theater. 2500 Jahre Geschichte – eine  Einführung. Reinbeck (Rowohlt) 2012 (dick, aber kann man drin schmökern); sowie K. Lazarowicz, C. Balme (Hg.): Texte zur Theorie des Theaters, Stuttgart (Reclam) 1991.
NB: Wer Lust hat, geht am 13.4. gemeinsam im Neuen Theater in Sophokles Antigone!

Die Literatur und ihr Publikum

Literatur besteht nicht nur aus Büchern,  Texten oder AutorInnen, sondern braucht auch ein Publikum – gerade das  macht sie unmittelbar politisch und stellt sie ins Zentrum gemeinsamen  Wollens und Handelns. Dabei ist die uns gewohnte Konstellation einer  literarischen ‚Öffentlichkeit‘ relativ neu: Sie bildet sich im Laufe des  18. Jahrhunderts heraus, wird  dann immer mehr durch den literarischen  Markt bestimmt und scheint sich in der Gegenwart durch den Einfluss  neuer Medien und Kommunikationsformen zunehmend aufzulösen. Das Seminar  untersucht die Konstitution und den Wandel des literarischen Publikums  anhand von Quellen und Forschung zur Geschichte der literarischen und  politischen Öffentlichkeit. Nach kurzem Rückblick auf die  Funktionsweisen vormoderner Literatur wird der Schwerpunkt im 18.  Jahrhundert liegen (mit Kritiken, Manifesten, Satiren, Projekten,  Stücken u.a.  von Lessing, Herder, Wieland, Schiller). Im Anschluss  beschäftigen wir uns mit der Entwicklung des literarischen Marktes im  19. Jahrhundert und dessen Krisen im 20. Jahrhundert. Das Seminar  versteht sich gleichzeitig als Einführung in die Literatursoziologie,  gerne können nach Interessen der TeilnehmerInnen Schwerpunkte gesetzt  werden. Zur Vorbereitung der ersten Sitzung lesen Sie bitte den  Textausschnitt von Peter Handke: Publikumsbeschimpfung auf StudIP.

Mögliche Hintergrundlektüre: Carolin Amlinger: Schreiben. Eine  Soziologie literarischer Arbeit. Frankfurt a.M. 2021. C. und P. Bürger, J  Schulte-Sasse (Hg.) Aufklärung und literarische Öffentlichkeit,  Frankfurt a.M. 1980. James van Horn Melton: The Rise of the Public in Enlightenment Europe, Cambridge 2001.

Kulturelle Differenz in der Gegenwartsliteratur

Mit einiger Verspätung werden auch in der  deutschsprachigen Gegenwartsliteratur „Race, Class und Gender“ in den  letzten Jahrzehnten zunehmend wichtig. Das Seminar diskutiert anhand  ausgewählter Texte der  letzten Jahrzehnte, wie neue „Identitäten“ und  „Zugehörigkeiten“ – Frauen, MigrantInnen, Nicht-Weiße,  „Unterschichten“, Marginalisierte – zur Sprache kommen und zu welchen  Darstellungsformen dazu gegriffen wird. Zugleich lesen wir theoretische  Texte (Stuart Hall, Judith Butler,  Homi Bhabba) darüber, was diese  Differenzen eigentlich sind, wie sie sich in der Literatur  niederschlagen und wie sie sich analysieren lassen. In der ersten Hälfte  des Seminars lesen wir gemeinsam ein paar klassische Textausschnitte  (Emine Özdamar, Feridun Zaimoglu), zwei Romane komplett (Fatma Aydemir:   Dschinns (2022), Shida Bayzar: Drei Kameradinnen (2021) sowie  theoretische Texte. In der zweiten Seminarhälfte wählen Sie je nach  Interesse (gerne auch in Gruppe) Texte  aus und stellen Sie dann (mit  gemeinsam gelesenen Textausschnitten) im  Seminar vor. In Frage kommen  u.a. Texte von Lena Gorelik, Dilek Güngör,  Dincer Gücyeter, Lin  Hierse, Kim De L'Horizon, Deniz Ohde, Yasemin Önder, Sharon Dodua Otoo,  Katja Petrowskaja, Doron Rabinovic, Mithu Sanyal, Anna Yeliz Schentke,  Vladimir Vertlieb, Hengameh Yaghoobifarah, weitere  Vorschläge sind  willkommen.
Zur Vorbereitung lesen Sie bitte den Roman von Fatma Aydemir.

Wintersemester 2023-24 -- Forschungssemester

Sommersemester 2023

Vorlesung: Mythos und Weltliteratur

Bis in die Gegenwart erzählen literarische Texte immer wieder Mythen nach und neu: Geschichten von Göttern und Helden, von Anfängen und Katastrophen, Gründungen und Trickstern, die aus der klassischen griechisch-römischen Götterwelt, aber auch aus den Geschichten anderer Kulturen stammen. Gerade die heute viel gelesene Fantasy- und Science-Fiction-Literatur ahmt oft ganz bewusst Mythen nach. Mythen sind dabei auch selbst höchst aufschlussreich, um Literatur zu verstehen: Man sieht an ihnen, warum Menschen erzählen und Geschichten erfinden und wie man solche Geschichten beschreiben kann. Und am Mythos und seinem Verhältnis zu Lüge und Wahrheit ist immer schon verhandelt worden, was eigentlich das Spezifische von Literatur ausmacht. Mythen sind daher nicht nur Stoff für die Weltliteratur, sondern selbst weltliterarisch: Sie zirkulieren oft zwischen verschiedenen Kulturen und artikulieren deren Probleme – wer gehört dazu, wer nicht, wie sind die fundamentalen Unterscheidungen? was ‚glaubt‘ eine Gesellschaft und wie kann man darüber reden? – und das gilt auch und gerade für die modernen Mythen. Die Vorlesung gibt eine Übersicht über verschiedene Mythen aus Vergangenheit und Gegenwart, diskutiert exemplarisch deren Rezeptionsgeschichte und die verschiedenen Formen ihrer literarischen Verarbeitung und führt in verschiedene (anthropologische, religionshistorische, literaturwissenschaftliche) Theorien des Mythos ein.

Zur Vorbereitung: Mythen lesen!

Robert A. Segal: Mythos. Eine kleine Einführung. Reclam 2007 (antiquarisch). Wilfried Barner u.a. (Hg.): Texte zur modernen Mythentheorie, Reclam 2003.

Literaturtheorie und Kulturtheorie. Walter Benjamin und Roland Barthes

Walter Benjamin und Roland Barthes gehören nicht nur zu den einflussreichsten Literaturtheoretikern des 20. Jahrhunderts, sie haben auch aus der Literaturwissenschaft heraus weitreichende Analysen der Gegenwart entwerfen können: sei es als Flaneur in der modernen Großstadt, sei es als Analytiker moderner Mythen. Sie eröffnen Einblicke in zwei zentrale Theoriezusammenhänge des 20. Jahrhunderts: die kritische Theorie und den (Post)Strukturalismus, wo ihre pointierten Reflexionen und Bemerkungen oft ganze Lehrbücher ersetzen können. An der Beschäftigung mit Benjamin und Barthes kann man lernen, wie man (mit) Literatur denken kann, welche eigene und spezifische Erkenntnisweise die Literaturwissenschaft hat und welche Schreibweisen und Stile das eröffnet. Das Seminar versteht sich  als Einführung in und als Überblick über das Werk dieser beiden Theoretiker, als Eröffnung eines Zugangs zur ‚großen‘ Theorie des 20. Jahrhunderts und als Ausblick auf weitere Entwicklungen. Wir lesen und diskutieren ausgewählte Texte der beiden Theoretiker und diskutieren, was man mit solchen Theorien machen kann. TeilnehmerInnen sollten sich in einzelnen Sitzungen engagiert einbringen (Impulsreferat, Moderation) und verschiedene Formen des eigenen theoretischen Schreibens erproben (Kurzkritik, Denkbild, Exposé, Strukturale Analyse). Bei der Schwerpunktsetzung werden Interessen der TeilnehmerInnen gerne berücksichtigt.

Bitte schaffen Sie an: Walter Benjamin: Illuminationen. Ausgewählte Schriften 1 (enthält fast alle hier behandelten Texte), Suhrkamp 2001. Die Texte von Roland Barthes sind verstreut publiziert und werden z.T. als pdf zur Verfügung gestellt, zur Anschaffung empfohlen: Roland Barthes: Mythen des Alltags, Suhrkamp 2012, ders.:  Die helle Kammer, Suhrkamp 1989.

Essays der Aufklärung: Hume, Diderot, Herder

Die Aufklärung ist ein essayistisches Unternehmen.  Sie versucht, die Philosophie in die Welt zu bringen und eine neue Form von Öffentlichkeit zu produzieren, indem sie die Diskurse vermischt – die Philosophie und Gelehrsamkeit mit der Historie, die Kunstkritik mit der Theorie, den Dialog mit der Abhandlung. Die AutorInnen der Aufklärung gehen experimentell vor, arbeiten an den Grenzen etablierter Forschungsfelder und inszenieren sich zugleich auch selbst: entwerfen Schreibszenen, bringen ihr subjektives Urteil ein und nutzen die Rhetoriken des self-fashioning, um die eigene Autorität zu behaupten und neue kommunikative Verbindungen herzustellen. Dabei verläuft die Grenze von Literatur, Philosophie, Wissenschaft, Publizistik anders als wir das üblicherweise erwarten – schon das ist essentiell für das Verständnis der Epoche –; auch Kritik, ein Grundgeschäft der Aufklärung, hat immer auch den Charakter der Probe, des Experiments – eben des Essays. Das Seminar führt an drei Autoren – Hume, Diderot und Herder – in das essayistische Schreiben der Aufklärung ein und wirft auch einen Blick in die historischen Kontexte (Montaigne, Bacon, Moral weeklies) und theoretischen Bestimmungen (Adorno, Parr u.a.) essayistischen Schreibens, weitere Themen sind je nach Interesse möglich.

Bitte anschaffen: David Hume: Selected Essays. Oxford World Classics, 2008. Denis Diderot:  Erzählungen und Gespräche. Aus dem Französischen übertragen von Katharina Scheinfuß. Mit einer Einführung von Victor Klemperer (div. Ausgaben, antiquarisch). Herder müssen wir verstreut aus Pdfs lesen. Zur Einführung: Christian Schärf: Geschichte des Essays - Von Montaigne bis Adorno, Vandenhoeck & Ruprecht, 1999.

Wintersemester 2022-23

Ringvorlesung: Wie wir lesen – und wozu. Wege, Praktiken und Formen der Lektüre / Prof. Dr. Daniel Weidner et al.

Wie lesen wir eigentlich und was versprechen wir uns davon? Welche Art der Erkenntnis lässt sich an Literatur im engeren oder im weiteren Sinn gewinnen, und wie gehen wir vor, um diese Erkenntnis zu sichern und zu vermitteln? Welche Formen können Lektüren annehmen, welche Rolle spielen sie in individuellen und kollektiven Lebenszusammenhängen? Wie fügen sich bestimmte Lektüren in historische und biographische Rückblicke oder prospektive Lebensentwürfe ein? Ausgehend von diesen grundsätzlichen Fragen möchte die Ringvorlesung die verschiedenen Philologien der MLU vorstellen und ins Gespräch bringen, sowohl untereinander als auch mit anderen Fächern.

Nach dem Lesen fragen – das zielt weder auf eine Methodendiskussion, noch auf eine Rechtfertigung des ‚alten‘ Mediums Literatur im digitalen Zeitalter oder der Literaturwissenschaft im Zeichen ihrer notorischen Krisen. Die Ringvorlesung will vielmehr von der konkreten Leistung der jeweiligen Philologie her über das Lesen als vielfältige kulturelle Praxis nachdenken. Was können die Literaturwissenschaften, wie leisten sie das, was sie können? Wie verhält sich literaturwissenschaftliches Lesen zum Lesen überhaupt: Zehrt die Wissenschaft von der naiven Lektüre, korrigiert sie diese, beobachtet sie, leitet sie an, ‚bildet‘ sie gar? Und allgemeiner: wo und wann wird was überhaupt gelesen? Was macht eine gelungene Lektüre aus? Wo hat man selbst wirklich etwas gelernt?

Solche Fragen richten sich nicht nur an die Gegenwart, denn das Lesen hat seine eigenen Geschichten: Warum, mit welcher Wirkung und zu welchem Zweck haben sich manche Leseerlebnisse ins Gedächtnis eingeprägt und andere nicht? Welche Rolle spielen etwa identifikatorische Lektüren der Kindheit und Jugend, das Ein- und Abtauchen in Texte, die Erinnerung an Lektüren, deren Intensität nicht wiederholbar scheint? Und was lesen wir eigentlich wie: Müssen literarische Texte anders gelesen werden als solche der Geschichte, der Philosophie, der Religion etc., oder lassen sich literaturwissenschaftliche Lektüren auch auf andere Texte übertragen? Welche Ansätze erweisen sich dabei als besonders produktiv – und wie genau machen sie das?

Antwortversuche auf diese und andere Fragen berühren auch das für die Literaturwissenschaft grundlegende Problem der unterschiedlichen Positionierungen und Funktionen literarischer Texte: Kreisen sie um die immer gleichen Fragen oder faszinieren sie, weil sie in der Lage sind, neue Themen zu benennen und durchzuspielen? Betrachtet Literatur kulturelle und gesellschaftliche Konflikte vom Rand her und kann so marginalisierten Positionen eine Stimme geben? Oder steht sie für das Zentrum, für die wesentlichen und oft nicht bewussten Tropen und Phantasmen, über die die Gesellschaft sich selbst denkt? Wo finden wir überhaupt die Texte, die wir gelesen haben, lesen wollen oder gerne lesen würden? Am Rand oder im Zentrum des Kanons? Im Archiv? Im Nicht-Gelesenen? Im Beiwerk?
Anstatt abstrakte Diskussionen um die ‚angemessene‘ Form der Lektüre zu führen, mag es auch hier fruchtbarer sein, sich darüber klar zu werden, welche Lektüre was genau leisten kann. Denn jede(r), die oder der das Lesen zu ihrem bzw. seinem Beruf gemacht hat, weiß, dass es bei dieser Tätigkeit auch Momente jenseits (oder diesseits?) der Methode gibt: den richtigen Moment, einen bestimmten Rhythmus oder Takt in der Lektüre, die Überraschung, weil etwas ganz Neues, Unbekanntes entdeckt wird. Welchen eigenen Weg nimmt man durch das Dickicht der Texte, welche Interessen und Wünsche verbinden sich mit dem Lesen? Alle teilnehmenden Kolleg*innen sind aufgefordert, auch subjektive Momente zu thematisieren: den eigenen Standpunkt, die eigenen Erfahrungen und Praktiken – um so den vielen ‚Lüsten‘ (plaisirs) der Literatur Raum zu geben, die sich nicht auf die eine Lust am Text reduzieren lassen. Gerne können auch exemplarische Lektüren vorgestellt werden, die die Stärken des jeweiligen Zugriffs und zugleich die Besonderheiten der verschiedenen Philologien oder Fachdisziplinen verdeutlichen können.

Vorlesung: Grundlagen der neueren deutschen Literaturwissenschaft

Die Vorlesung führt in das Studium der Literaturwissenschaft ein und legt dabei besonderes Gewicht auf wichtige literaturwissenschaftliche Begriffe. Denn Literaturwissenschaft besteht wesentlich aus bestimmten Konzepten, die wir verstehen müssen, um uns im Fach bewegen zu können. Zugleich kann man über die Begriffe auch verstehen, welche Fragen die Literaturwissenschaft eigentlich an literarische Texte stellt – und welche nicht. Die Begriffe werden an konkreten Textbeispielen eingeführt und in ihrer jeweiligen Besonderheit, ihrem historischen Kontext, ihren Zusammenhängen mit anderen Konzepten sowie ihren Leistungen und Grenzen vorgestellt. Indem jeweils verschiedene Begriffe für ‚dasselbe‘ erläutert werden, schärfen wird das Bewusstsein, dass Literatur jeweils verschieden beschrieben und modelliert werden kann: Es macht eben einen Unterschied, ob man ein Buch als ‚Werk‘ oder als ‚Text‘ betrachtet, eine Aufführung als ‚Drama‘ oder als ‚Theater‘. Ziel der Vorlesung ist dabei, dass Sie in ihrem weiteren Studium mit diesen Begriffen umgehen können. Während der Vorlesung legen wir ein Vokabular mit kurzen Arbeitsdefinitionen diese Begriffe an, das dann auch zur Vorbereitung der Abschlussklausur dient; es gibt in der Vorlesung ausgiebige Gelegenheit zu Rückfragen.

Texte – Lektüren – Theorien für Fortgeschrittene. Einführung in das Masterstudium der Literaturwissenschaft

Dieses Seminar dient als Einführung in die literaturwissenschaftlichen Masterstudiengänge, kann aber auch von LA Mastern und Fortgeschrittenen Masterstudierenden besucht werden, die ihr Fach besser kennenlernen wollen. Sie sollen darin ihre Lektürekompetenzen und Theoriekenntnis vertiefen und in die Lage versetzt werden, selbständig zu forschen. Wir blicken auf das bereits Gelernte zurück und prüfen durch gemeinsame Textarbeit unsere Lektüre- und Interpretationspraxis. Wir beschäftigen uns mit den Geschichten der jeweiligen Fächer und stellen einander in einem parcours die grundlegenden Theorien und (je nach Interesse) neue Forschungsfragen vor. Wir üben das Schreiben, indem wir miteinander schon geschriebene Hausarbeiten diskutieren, Essays schreiben und wechselseitig redigieren, Strategien zur Themenfindung und Disposition entwickeln und uns über typische Probleme wissenschaftlichen Schreibens (Zitateinbettung, Literaturverwendung, Arbeitsökonomie etc.) austauschen.

Vorbereitung: Sie können sich ein (oder mehrere) Einführungsbuch in Ihr Fach ansehen und überlegen, was Sie darin finden und was darin fehlt. Bringen Sie das in die erste Sitzung mit.

Die Bücher und das Buch: Einführung in die literarische Rezeption biblischer Stoffe, Figuren und Formen

Bis in die Gegenwart beziehen sich zahlreiche literarische Texte auf Geschichten und Figuren aus der Bibel, und die Bibel ist selbst einer der wichtigsten Texte der Weltliteratur, der bis in die Neuzeit hinein bestimmt, was man sich unter einem Buch vorstellt. Das Seminar versteht sich als Einführung in diese Beziehung und zugleich in die allgemeinen Fragen literarischer Rezeption und der Beziehung von Literatur und Religion. Zunächst lesen wir verschiedene biblische Texte und beschäftigen uns mit deren literarischen Formen. Wir diskutieren Praktiken wie Kommentar, Interpretation und Übersetzung biblischer Texte und werfen einen Seitenblick auf den Umgang mit der Bibel in Judentum und Islam. Anschließend untersuchen wir an verschiedenen Beispielen aus der Literaturgeschichte (Interessen der Studierenden werden gerne berücksichtigt), wie literarische Texte mit biblischen Stoffen und Formen umgehen. Das reicht von geistlichen Gedichten oder Bibeldramen über die kreative Nacherzählung biblischer Stoffe bis zu Zitaten biblischer Texte oder zu Anspielung auf biblische Figuren und Motive in Texten mit ganz anderer Thematik. Bei Interesse können auch andere Medien wie Malerei und Film einbezogen werden. Dabei entwickeln wir eine Typologie literarischer Rezeption und beschäftigen uns auch mit den ideologischen Konflikten über Religion, Gender, Herrschaft etc., die in solchen Rezeptionen mitschwingen.
Vorbereitung: Lesen Sie in der Bibel! Besonders Genesis, Exodus, 1. und 2. Samuel, Markusevangelium

Sommersemester 2022

Vorlesung: Literatur und das Nachleben der Religion

Literatur und Religion haben ein enges Verhältnis. Viele literarische  Formen und Gattungen haben einmal religiöse Ursprünge gehabt, Literatur  ist lange in religiösen Kontexten gepflegt worden, bis in die Gegenwart  hinein verhandeln literarische Texte oft religiöse Fragen und Probleme,  manchmal übernimmt Literatur auch Funktionen der Religion. All diese  Momente prägen auch in modernen Gesellschaften, in denen Religion  zumindest auf den ersten Blick keine zentrale Funktion mehr hat, unser  Verständnis von Literatur – sie zu kennen ist daher wichtig, um  Literatur im umfassenden Sinne zu verstehen. Die Vorlesung entwirft an  ausgewählten Beispielen aus der langen europäischen Literaturgeschichte  einen Blick auf einige dieser Konstellationen: Wie Hymne und Tragödie  aus dem religiösen Ritual hervorgehen, wie Literatur mit dem Mythos  umgeht und in mythischen Elementen Religiöses auch in der ‚entzauberten‘  Welt fortlebt, welche Rolle Heilige Texte für die Literatur spielen und  wie sich an ihnen so etwas wie Hermeneutik ausbildet, wie Literatur  sich von Passion, Opfer, Mystik faszinieren lässt, wie Autobiographien  die Frage der Seele und Romane das Thema der Providenz verhandeln, wie  religiöses Theater die Welt auf die Bühne bringt, wie verschiedene  Religionen jeweils neue Literaturformen hervorbringen und wie religiöse  Spannungen und Konflikte literarisch ausgetragen werden.

Zur Einführung: Daniel Weidner (Hg.): Handbuch Literatur und Religion, Metzler 2016 (online)

Werkstatt Publizistik Weimarer Republik

Die Weimarer Republik ist die große Zeit der Publizistik.  Walter Benjamin, Gottfried Benn, Alfred Döblin, Hugo von Hofmannsthal,  Irmgard Keun, Thomas und Heinrich Mann, Robert Musil, Josef Roth, Ernst  Toller, Franz Werfel, Arnold Zweig etc. – all diese wichtigen Autoren  der Zeit veröffentlichten in Zeitschriften. »Die literarische Welt«,  »Die Neue Rundschau«, »Das Tagebuch« oder »Die Weltbühne« – so die  sprechenden Namen einiger dieser berühmt gewordenen Publikationsorgane,  die literarisch-kulturell, aber ebenso politisch orientiert waren. Die  Zeitschriftenlandschaft ist weit, die Themen sind vielfältig, dabei noch  wenig erforscht. Geschrieben wird über Literatur, den Kunstmarkt,  Theaterskandale, das neue Medium des Films wie über die Jugendbewegung  oder über Genderfragen; »Unsere armen Wörter« kommen gleichermaßen zur  Sprache wie die »Geschlechtskälte der Frau«, diskutiert wird über das  männliche Pendant der Maitresse oder über die Frage, ob »ein Museum eine  Tür haben« soll.
Wir wollen uns im Seminar praktisch mit der Publizistik der  Weimarer Republik befassen und dabei alternative und für die  Literaturwissenschaft ungewohnte Arbeitsformen ausprobieren. Die  Teilnehmer:innen werden gemeinsam eine digitale Anthologie  publizistischer Texte erarbeiten. Mit dem Format eines Design-Sprints  entwirft das Team eine Konzeption und entwickelt einen Prototyp, der  dann – vermutlich? – Grundlage eines Blogs wird. Es geht im Seminar  darum, gemeinsam und in intensiver Teamarbeit wirklich an und mit dem  Material zu arbeiten und ein reales Produkt zu erstellen.

Einführung in die deutsch-jüdische Literatur

Die Frage nach der ‚Identität‘ und ‚Zugehörigkeiten‘ von Minderheiten  ist nicht neu in der Literatur. Im deutschen Sprachraum lässt sie sich  vor allem an jüdischen AutorInnen untersuchen, die seit der Emanzipation  am Ende des 18. Jahrhunderts auf Deutsch schreiben, aber als Juden  gelesen werden. Ihre Texte drücken die schwierige und prekäre Stellung  der Juden in Deutschland während des 19. und frühen 20. Jahrhunderts  aus, reflektieren über komplexe und oft widersprüchliche kulturelle  Zugehörigkeiten und Subjektkonzepte und zeigen , wie sich komplexe  Aushandlungen von Selbst- und Fremdzuschreibungen gerade in der  literarischen Form vollziehen.

Anhand von fünf Prosatexten bzw. Auszügen führt das Seminar in die  deutsch-jüdische Literatur vom späten 18. bis Anfang des 20.  Jahrhunderts ein. Die Arbeit im Seminar besteht vor allem aus  gemeinsamer Textarbeit, die von Gruppen vorbereitet und angeleitet wird.  Mitarbeit in einer der fünf Vorbereitungsgruppen ist obligatorisch.

Texte: Salomon Maimon: Lebensgeschichte, von ihm selbst erzählt  (Jüdischer Verlag 2019); Rahel Varnhagen: Briefe und Aufzeichnungen (in  Auszügen, Insel 1986); Heinrich Heine: Der Rabbi von Bacherach (Reclam  1983); Karl Emil Franzos: Der Pojaz (Rotbuch Verlag 2005); Joseph Roth:  Hiob (Fischer 2005).
Zur Einführung: Hans Otto Horch (Hg.): Handbuch der deutsch-jüdischen  Literatur (2016) (online); Hans Schütz: Juden in der deutschen  Literatur. Eine deutsch-jüdische Literaturgeschichte im Überblick (Piper  1992).

Zeitgeschichte aufschreiben. Literatur als Chronik

AutorInnen der Gegenwartsliteratur bezeichnen sich oft als  „ChronistInnen“, die – ähnlich den mittelalterlichen Chronisten –  verzeichnen, was um sie herum geschieht. Unter Rückgriff auf  diaristische und dokumentarische Schreibweisen suchen sie nach  alternativen Darstellungsformen, welche die Welt und vor allem die  Geschichte nicht einfach fiktional ‚nacherfinden‘, sondern anders  erfahrbar machen. Da wird eher aufgezählt als erzählt, oft in Verbindung  mit anderen Medien wie der Photographie, oft im Bewusstsein einer  Moderne, in der die Literatur längst nicht mehr Leitmedium ist, sondern  mit dem Kino, der Zeitung, dem Netz um Aufmerksamkeit konkurriert. Wie  kann man eigentlich noch schreiben (und was ist Geschichte) in einer  sich rasend verändernden Gegenwart?
Das Seminar diskutiert anhand von fiktionalen und theoretischen Texten  des 20. Jahrhunderts die Grundlinien dieser Schreibweise, die in der  deutschsprachigen Literatur der Nachkriegszeit zunächst stark mit der  Auseinandersetzung mit der Nachgeschichte des Nationalsozialismus  verbunden ist, später aber auch zu einer wichtigen Reflexionsinstanz der  Gegenwärtigkeit von Literatur wird. Ausgehend von allgemeinen  Überlegungen über das Verhältnis von Literatur und Geschichte lesen wir  Texte u.a. von Alfred Döblin, Walter Benjamin, Irmgard Keun, Rudolf  Brunngraber, Alexander Kluge, Uwe Johnson, Christa Wolf, Walter  Kempowski, Rainald Goetz, Kathrin Röggla, Annie Ernaux, Svetlana  Alexijewitch.

Wintersemester 2021-2022

Vorlesung:  Literatur im Streit. Kampf, Polemik und Politik in der
literarischen Öffentlicheit

Literatur ist nicht immer eine friedliche Angelegenheit. An ihren Anfängen beschäftigt sie sich oft mit Kampf und Krieg; Satire und Polemik waren und sind wichtige literarische Schreibweisen; die Selbstverständigung darüber, was Literatur ist, kann und soll, findet oft in Kontroversen und „Literaturstreits“ statt. Die Vorlesung beschäftigt sich mit dem agonalen Moment der Literatur: mit der Art, wie Literatur Konflikte darstellt, selbst in Konflikten steht oder sie anzettelt – damit auch mit dem Politischen der Literatur, die gerade im Modus des Streits gesellschaftliche Normen und Werte verhandelt. Gerade heute, angesichts einer Krise demokratischer Öffentlichkeit im Zeichen von Bilderflut, fake news, Filterblasen und zunehmender Polarisierung, muss man über die Bedingungen und Formen öffentlicher Debatten und die Rolle der Literatur in diesen nachdenken. Diskutiert werden an exemplarischen Stationen der europäischen Literaturgeschichte u.a. wichtige Texte der klassischen und modernen Kriegsliteratur; Streitschrift, Satire, und Karikatur; Theorie und Praxis von Polemik und Kulturkritik; Kontroversen über Sinn und Funktion von Literatur und den Zusammenhang von Literatur, Literaturkritik und Öffentlichkeit; Theorien des Konflikts, des Politischen und der symbolischen Gewalt.

Literatur zur Einführung: Jan Assmann, Dietrich Harth (Hg): Kultur und Konflikt, Frankfurt a.M. 1990. Dirk Rose: Polemische Moderne. Stationen einer literarischen Kommuniaktionsform vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Göttingen 2020.

Einführung in die Komparatistik

Die Lehrveranstaltung führt in das Arbeitsgebiet der Komparatistik ein und erarbeitet die fachlichen Grundlagen, die für die eigenständige Arbeit entscheidend sind. Sie stellt wichtige Konzepte, Methoden und typische Fragestellungen vor, macht mit der Geschichte der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft sowie den wichtigsten Richtungen des Fachs vertraut und gibt damit auch Anregungen, sich selbständig weiter mit dem Fach zu beschäftigen. Zugleich soll intensiv darüber reflektiert werden, was, wie und wonach man komparatistisch fragen kann bzw. welche komparatistischen Themen, für die man sich interessiert und mit denen man sich schon beschäftigt hat, Potential haben. Das Seminar richtet sich an Studierende im ersten Semester des Masterstudiums (diese sollten es unbedingt belegen), an fortgeschrittene Studierende der Komparatistik, die über ihr eigenes Fach nachdenken wollen und an Interessierte anderer Studiengänge, die wissen wollen, was Komparatistik ist.

Literatur: Rüdiger Zymner, Achim Höller (Hrsg.): Handbuch Komparatistik. Theorien, Arbeitsfelder, Wissenspraxis, Stuttgart 2013. Angelika Corbineau-Hoffman: Einführung in die Komparatistik, Berlin 2013.

Karl Philipp Moritz

Karl Philipp Moritz galt lange als Außenseiter der deutschen Literaturgeschichte und ist bis heute schwer einzuordnen: Romancier und Autobiograph, Philosoph und Autodidakt, ein früher Realist sozialer Unterschichten, aber auch wichtiger Theoretiker einer „zweckfreien“ Kunst, zwischen Spätaufklärung, Empfindsamkeit und Klassik. Das Seminar will die verschiedenen Aspekte von Moritz' Schreiben und Werk in ihrem jeweiligen Kontext behandeln: die biographische Herkunft aus dem Pietismus und die Übertragung pietistischer Praktiken und Konzepte auf Kunst und Philosophie; die beiden sehr heterogenen Romane Anton Reiser und Andreas Hartknopf im Zusammenhang der Entwicklung von Romanform und Autobiographie; die kunstästhetischen Texte vor dem Hintergrund der philosophischen Ästhetik der Aufklärung und der Ästhetik der Kunstperiode; die pädagogischen und populärphilosophischen Texte und insbesondere das Zeitschriftenprojekt Magazin zur Erfahrungsseelenkunde im Kontext der Anthropologie und des Zeitschriftenwesens des späten 18. Jahrhunderts; die Reisebeschreibungen und die mythologischen Texte im Vergleich mit verwandten zeitgenössischen Unternehmungen; eventuell die Wirkungsgeschichte (Jean Paul, Arno Schmidt) und wichtige literaturhistorischen Beziehungen (Herder, Goethe). TeilnehmerInnensollten sich in einen dieser Aspekte vertiefend einarbeiten und bei Vorbereitung und Moderation (Impulsreferat) der Sitzungen mitwirken; das Seminar wird vor allem aus gemeinsamer Textdiskussion bestehen.

Literatur Karl Philipp Moritz: Andreas Hartknopf. Andreas HartknopfsPredigerjahre, ders.. Anton Reiser, ders: Schriften zur Ästehtik (alle bei Reclam)

Zur Einführung: Albert Meier: Karl Philipp Moritz, Stuttgart 2000; Robert Minder: Glaube, Skepsis und Rationalismus. Dargestellt aufgrund der autobiographischen Schriften von Karl Philipp Moritz, Frankfurt a.M.1974.

Forschungskolloquium

Das Forschungskolloquium dient der Vorbereitung und Begleitung der Masterarbeit: Die TeilnehmerInnen entwickeln ihre thematischen Interessen, ihre Fragestellung und die Konzeption ihrer Arbeit und stellen das jeweils zur Diskussion. Darüber hinaus dient das Kolloquium zur Auseinandersetzung mit neueren Ansätzen der Forschung, die Auswahl richtet sich hier ebenfalls nach den Interessen der Teilnehmerinnen. Auch allgemeine Fragen zur Schreib- und Arbeitspraxis sowie zum wissenschaftlichen Selbstverständnis können hier diskutiert werden – in diesem Zusammenhang werden wir auch einige grundlegende Texte über Literaturwissenschaft lesen.

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