Minnetextsammlung (Minnereden und Minnelieder) nach der sog. Bechsteinschen Handschrift (Halle, 14, A 39)
Editorische Erschließung der Bechsteinschen Handschrift . Edition einer Minnetextsammlung (Minnereden und Minnelieder) nach der wieder gefundenen Bechsteinschen Handschrift (Halle, 14 A 39)
Im Mai 2001 wurde in den Sondersammlungen der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen Anhalt, Halle (S.) im Rahmen einer Bestandssichtung ein literarischer Sammelcodex von 390 Blatt Umfang wiederentdeckt, der sich als die seit 1885 verschollen geglaubte sog. Bechsteinsche Handschrift erwies. Die Handschrift trägt die Signatur Halle, 14 A 39 (später Leipzig, UB, Ms 1708).
Bei dieser um 1512 im ostfränkischen Sprachraum entstandenen Handschrift, die nach ihrem einstigen Besitzer, dem Dichter und Märchensammler Ludwig Bechstein (1801-1860), benannt ist, handelt es sich um ein bedeutendes Überlieferungsdokument von Werken bzw. Werkkomplexen spätmittelalterlicher Ritter- und Minnethematik.
Neben der Mörin Hermanns von Sachsenheim bietet dieser Codex eine Abschrift jener Sammlung von Minnereden und Lieddichtungen aus dem 14. und 15. Jahrhundert, die unter dem Stichwort Liederbuch der Klara Hätzlerin in der Forschung bekannt ist. Da dieser Sammlungskomplex nur in zwei weiteren Abschriften vorliegt (Prag, X A 12 u. Berlin, mgf 488), lässt der nun mögliche Zugriff auf die Bechsteinsche Handschrift neue Antworten auf textkritische Fragestellungen zu.
Die Konkordanz aller drei Handschriften ergibt einen gemeinsamen Bestand von 126 Texten. Inhalt und Anordnung der gemeinsam überlieferten Dichtungen lassen das Programm eines zugrunde liegenden Minnebuches aufscheinen, das als Vorlage für alle drei Handschriften gedient hat. Das enge Verwandtschaftsverhältnis gewährt einen Einblick in die historische Buchproduktion, aber auch in Formen literarischer Traditionspflege.
Ziel des laufenden Projektes ist die editorische Erschließung des gemeinsamen Sammlungskerns auf der Grundlage der Bechsteinschen Handschrift mit Erläuterungskommentar, der eine umfassende Untersuchung zu Überlieferungs-, Rezeptions- und Wirkungsgeschichte dieses Handschriftenkorpus bieten soll. Im einem weiteren Arbeitsschritt soll die Fassung der Prager Handschrift X A 12 (Abschrift Clara Hätzlerin) als Neuedition vorbereitet werden (Vgl. Textausgabe Carl Haltaus: Liederbuch der Clara Hätzlerin. Quedlinburg, Leipzig 1840 [Bibliothek der gesamten deutschen National-Literatur 8]. Neudruck mit einem Nachwort von Hanns Fischer. Berlin 1966).
Im Anschluss an die Textgabe der Lyriksammlung in der Bechsteinschen Handschrift erfolgt durch diese Arbeitsgruppe eine editorische Erschließung dieser bislang in der neueren Forschung noch nicht berücksichtigten Fassung der Mörin, bei der es sich nicht um eine Abschrift des ältesten (Straßburger) Druckes von 1512 handelt.
Literatur:
- Susanne Homeyer, Inta Knor, Hans-Joachim Solms: Überlegungen zur Neuedition des sogenannten `Liederbuches der Clara Hätzlerin` nach den Handschriften Prag, X A 12, der `Bechsteinschen Handschrift` (Halle, 14 A 39) und Berlin, mgf 488, in: Gert Hübner (Hg.): Deutsche Liebeslyrik im 15. und 16. Jahrhundert. 18. Mediävistisches Kolloquium des Zentrums für Mittelalterstudien der Otto-Friedrich-Universität Bamberg am 18. und 19. November 2003. Amsterdam, New York 2005 (= Chloe. Beihefte zum Daphnis 37), S. 65-81.
- Christoph Mackert: Wieder aufgefunden. Bechsteins Handschrift der Mörin Hermanns von Sachsenheim und des sog. `Liederbuchs der Klara Hätzlerin`, ZfdA 133 (2004), 486-488.
- Brigitte Pfeil "Katalog der deutschen und niederländischen Handschriften bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts in der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt in Halle (Saale)" (in Vorbereitung).
Kontakt
Prof. Dr. Hans-Joachim Solms: solms@germanistik.uni-halle.de
Dr. Susanne Homeyer: SusanneHomeyer@aol.com
Dr. Inta Knor: IntaKnor@aol.com